Das BVG: Wer ist beitragspflichtig?
Die berufliche Vorsorge (BV) bildet die zweite Säule des Schweizer Sozialsystems und soll als solche dazu beitragen, dass der bisherige Lebensstandard eines Arbeitnehmers auch nach der Pensionierung aufrechterhalten werden kann. Eine Pflicht zur Einzahlung besteht für viele, allerdings nicht für alle Schweizer. Im Folgenden sollen die wichtigsten Fragen rund um die BVG-Versicherungspflicht geklärt werden.
Die BV im Schweizer Dreisäulenkonzept
Seit 1985 ist die berufliche Vorsorge (BV) die zweite Säule des Schweizer Sozialsystems. Auch als sogenannte betriebliche Pensionskasse bekannt, soll sie dazu beitragen, dass der bisherige Lebensstandard auch nach der Pensionierung aufrechterhalten werden kann. Geregelt wird die BV im Bundesgesetz über berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG). Die Leistungen der zweiten Säule sollen zusammen mit der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) bis zu 75 Prozent des letzten Lohns absichern – allerdings nur bis zu einem jährlichen Bruttolohn von aktuell 85.000 Schweizer Franken. Laut BVG wird die betriebliche Altersvorsorge im Kapitaldeckungsverfahren finanziert, was bedeutet, dass jeder selbst und direkt für seine eigenen Leistungen aufkommt. Dabei übernimmt der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge. Als zweite Säule neben der AHV, die die erste Säule des Schweizer Sozialsystems darstellt, hat die BV die Aufgabe, dem Versicherten die Fortsetzung seiner bisherigen Lebenshaltung zu ermöglichen. Ihr Ziel ist es, gemeinsam mit der ersten Säule ein Renteneinkommen von rund 60 Prozent des letzten Lohns zu erreichen. Das BVG definiert Mindestleistungen im Todesfall, für das Alter und bei Invalidität. Die Vorsorgeeinrichtungen sind frei, im Rahmen von sogenannten überobligatorischen Leistungen über das vom Gesetz geforderte Minimum hinauszugehen. Die Frage nach der geeigneten Organisation, Gestaltung und Finanzierung der beruflichen Vorsorgeleistungen überlässt das Gesetz grundsätzlich den Vorsorgeeinrichtungen. Eine Pflicht zur Einzahlung in die betriebliche Kasse besteht für viele Schweizer – allerdings nicht für alle. Worauf es im Detail ankommt, ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Der folgende Artikel soll wichtige Fragen rund um die BVG-Versicherungspflicht klären und Ihnen einen Ratgeber mit an die Hand geben, anhand dessen Sie sich um Ihre eigene betriebliche Altersvorsorge kümmern können.
Geschichte und Aufbau der BV
Die Geschichte des BVG reicht weit in die Vergangenheit zurück: So wurden die ersten Pensionskassen bereits vor über 100 Jahren gegründet – zuerst in der Maschinenindustrie. Von dem Vorsorgeschutz, den diese Kassen boten, profitierten zu Beginn ausschliesslich Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber über eine eigene Pensionskasse verfügten. Im Gegensatz zu heute war der Beitritt also freiwillig und erfolgte nur, wenn er dem Willen des Arbeitgebers entsprach. Die Nichterwerbstätigen auf der anderen Seite konnten überhaupt keinen Schutz in Anspruch nehmen und waren in Sachen Vorsorge ganz auf sich allein gestellt – die AHV wurde nämlich erst viel später gegründet. 1972 schliesslich wurde die BV in die Verfassung aufgenommen, wo sie seither die zweite Säule im Schweizer Dreisäulenkonzept darstellt, um die erste Säule zu ergänzen. Gestützt auf diese Verfassungsbestimmung wurde 1985 schliesslich das BVG ausgearbeitet und in Kraft gesetzt. Es basierte auf den Pensionskassenstrukturen, die bis dato bereits bestanden, führte jedoch eine neue, gesetzlich garantierte Minimalvorsorge ein. Darunter wird das Obligatorium der BV verstanden, das für alle Arbeitnehmer gilt, die bereits in der ersten Säule versichert sind und mindestens 21.330 Schweizer Franken verdienen. Dieser Betrag stellt die Eintrittsschwelle in das Obligatorium der BV dar und entspricht drei Vierteln der maximalen AHV-Altersrente. Alles, was darunter liegt, kann als Freibetrag angesehen werden. Die obligatorische Versicherung beginnt mit Antritt des Arbeitsverhältnisses, wobei das 17. Lebensjahr vollendet sein muss. Für Arbeitslose beginnt sie dagegen mit dem Tag, an dem erstmals Anspruch auf ein Arbeitslosentaggeld besteht. Bis zum Erreichen des 24. Lebensjahrs decken die Beiträge vorerst nur die Risiken von Tod und Invalidität ab. Ab dem 25. Lebensjahr wird dann zusätzlich für die Altersrente angespart. Allerdings gibt es auch Personengruppen, die nicht in die zweite Säule des Schweizer Sozialsystems einzahlen müssen: Dazu gehören Selbstständige, Arbeitnehmer mit einem befristeten Arbeitsvertrag von höchstens drei Monaten, Familienmitglieder, die im eigenen Landwirtschaftsbetrieb arbeiten und Personen, die zu mindestens 70 Prozent erwerbsunfähig sind. Unter Umständen können sich diese Personengruppen aber freiwillig für die Minimalvorsorge versichern.
Regelungen und Voraussetzungen der BV
Während die erste Säule des Schweizer Sozialsystems für alle Menschen, die in der Schweiz leben, obligatorisch ist, besteht die BVG-Versicherungspflicht nur für Angestellte, die einerseits das 18. Lebensjahr vollendet haben und andererseits mindestens 21.330 Schweizer Franken jährlich verdienen. Alles, was darunter liegt, darf als Freibetrag angesehen werden. Auch darf das 64. beziehungsweise 65. Lebensjahr noch nicht überschritten sein. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, tritt die BVG-Versicherungspflicht automatisch in Kraft und die einzuzahlenden Beiträge werden unmittelbar über einen Lohnabzug realisiert. Arbeitnehmer müssen sich also nicht selbst um die Einzahlung in die betriebliche Kasse kümmern, um von der Sicherheit der zweiten Säule zu profitieren. Eine Ausnahme vom Obligatorium der BV bilden Angestellte mit befristeten Arbeitsverhältnissen: Sind sie auf höchstens drei Monate befristet, entfällt die BVG-Versicherungspflicht. Doch Vorsicht: Wird das Arbeitsverhältnis über die Dauer von drei Monaten hinaus verlängert, so ist der Arbeitnehmer von dem Zeitpunkt an zu versichern, an dem die Verlängerung vereinbart wurde. Nicht zulässig ist es, einen sogenannten Kettenvertrag abzuschliessen, bei dem der Arbeitnehmer mehrmals hintereinander angestellt, entlassen und wieder angestellt wird, um der obligatorischen BVG-Versicherung zu entgehen. Ebenfalls von den Pflichtbeiträgen ausgenommen sind alle Frauen und Männer, die zu mindestens 70 Prozent als erwerbsunfähig gelten. Auch Selbstständige, die in der Schweiz in die Selbstständigkeit gehen, sind automatisch von der BVG-Versicherungspflicht befreit. Das bedeutet aber nicht per se, dass sie nicht von den Vorteilen der zweiten Säule profitieren können, wenn sie das möchten: Denn in der Schweiz steht es jedem Selbstständigen, der bestimmte Voraussetzungen erfüllt, offen, freiwillige Beiträge in die betriebliche Kasse einzuzahlen, so dass auch ohne BVG-Versicherungspflicht eine Altersvorsorge entsprechend der zweiten Säule aufgebaut werden kann. Sofern Mitarbeiter beschäftigt werden, besteht die Möglichkeit, der Pensionskasse der Angestellten beizutreten. Falls der entsprechende Berufsverband über eine eigene Kasse verfügt, kann man sich als Selbstständiger dieser Kasse anschliessen. Als letzte Möglichkeit bleibt der Anschluss an die Stiftung Auffangeinrichtung BVG – vom Versicherungsschutz sind dann aber nur die obligatorischen Mindestleistungen möglich. Da die Einzahlung bei Selbstständigen nicht obligatorisch ist, wird sie nicht automatisch über einen Lohnabzug realisiert, sondern muss selbst vorgenommen werden.
Leistung und Beitragshöhe der BV
Besteht eine BVG-Versicherungspflicht oder man hat sich freiwillig für die zweite Säule der Schweizer Altersvorsorge entschieden, so stellt sich früher oder später vermutlich auch die Frage, wie hoch die Beiträge ausfallen. Um fair auf die finanziellen Möglichkeiten der Arbeitnehmer einzugehen, sieht das Gesetz eine Staffelung vor. Für alle Arbeitnehmer unter 35 Jahren fällt ein Betrag von 7 Prozent des Einkommens an, zwischen 35 und 54 Jahren sind es 15 Prozent. Für alle Arbeitnehmer darüber werden 18 Prozent vom Lohn als Beitrag erhoben. Der Arbeitgeber zieht den Arbeitnehmeranteil vom Lohn ab und überweist ihn zusammen mit seinem Arbeitgeberanteil seiner Vorsorgeeinrichtung. Vom massgeblichen AHV-Bruttojahreslohn wird der sogenannte Koordinationsabzug abgezogen. Die Differenz wird als versicherter oder koordinierter Lohn bezeichnet. Die untere Minimalgrenze liegt bei 3.525 Schweizer Franken, die Obergrenze beträgt 59.925 Schweizer Franken. Lohnteile über 84.600 Schweizer Franken können als überobligatorische Leistungen eingeschlossen werden. Das Minimum müssen alle Pensionskassen anbieten. Daneben können die Kassen zusätzliche, also überobligatorische Leistungen vorsehen, die sie in ihren Statuten oder Reglementen umschreiben. Bietet eine Kasse Leistungen über dem Maximalbetrag an, werden diese Leistungen als überobligatorische Altersvorsorge bezeichnet. Ob eine Person obligatorisch oder überobligatorisch versichert ist, entscheidet der Arbeitgeber. Der Versicherungsschutz ändert entweder mit dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters, mit der Unterschreitung des Mindestjahreslohns, mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder mit dem Ende des Anspruchs auf Arbeitslosentaggelder. Nach dem Ende des Vorsorgeverhältnisses besteht der Versicherungsschutz noch einen Monat weiter, um die Risiken von Tod und Invalidität abzudecken – es sei denn, vor Ablauf dieses Monats wird ein neues Vorsorgeverhältnis begründet.
Zusammenfassend sei festgehalten: Die BV ist obligatorisch für Arbeitnehmer, die AHV-versichert sind und im Jahr mehr als 21.330 Schweizer Franken brutto verdienen. Bei Lohncheck.ch, Ihrem Onlineportal rund um Ihre Karriere, können Sie zum Lohnvergleich Ihren Bruttolohn vor Lohnabzug berechnen – und das in Zeiten, in denen es alles andere als leicht ist, in einem direkten Lohnvergleich herauszufinden, welcher Lohn in einer bestimmten Branche angemessen ist.