Lohnunterschied Schweiz vs Deutschland?
Löhne sind für viele Menschen ein akutes Streitthema, über das nicht häufig gesprochen wird. Dank der zahlreichen Durchschnittswerte ergeben sich jedoch konkrete Erkenntnisse zur finanziellen Lage von Schweiz und Deutschland sowie von vielen anderen Staaten. Doch wie genau unterscheidet sich das Lohnniveau zwischen den beiden Umgebungen und worauf ist rund um die Lebenskosten zu achten? Fakt ist: viel Geld ist nicht immer auch viel Lebensqualität.
Wie sieht der Medianlohn der Schweiz aus?
Wer in der Schweiz über eine Vollzeitstelle verfügt, kann nach Monatsende im Durchschnitt mit einem Lohn von CHF 6'502 brutto rechnen. Dieser Wert stammt aus der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik. Die 10 % der am schlechtesten bezahlten Arbeitnehmer liegen im Schnitt bei weniger als CHF 4'313, die oberen 10 % erhalten hingegen durchschnittlich CHF 11'406 pro Monat.
Neben den klassischen Gehaltzahlungen gab es für rund 30 % der Angestellten zudem einen Bonus. Dieser wird in der Regel für besonders gute Arbeit oder als Abschlagszahlung für bisherige Erfolge ausgezahlt. So ergibt sich bei vielen Menschen in der Schweiz noch ein etwas höheres Gehalt, was entsprechend durch die Bonuszahlungen gesteigert wird. Doch selbstverständlich kommt es nicht nur auf die Verteilung der Gehälter an. Auch ein Blick auf die branchenbedingten Unterschiede bringt an dieser Stelle eine gewisse Klarheit und verdeutlicht finanzielle Unterschiede.
Diese Branchen florieren in der Schweiz
Wenn es um die Höhe der Gehälter geht, ist die Pharmaindustrie ein lukrativer Wirtschaftszweig. Mit einem durchschnittlichen Lohn von CHF 9'835 ist er der Spitzenreiter in der Schweizer Gehaltskette und bietet vielen Mitarbeitern eine lukrative Position. Ähnlich hoch fallen die Gehälter im Bereich der Finanzdienstleistungen aus. Hierbei liegt der monatliche Durchschnittswert bei CHF 9'742, was ebenfalls im Verhältnis für die Schweiz ein sehr gutes Gehalt darstellt.
Weitere Unterschiede gibt es wiederum anhand des Arbeitsortes. Aus den statistischen Erfassungen geht hervor, dass eine Beschäftigung in der verhältnismässig teureren Grossstadt ein deutlich höheres Gehalt einbringt als die Arbeit im klassischen Stadtgebiet. Dementsprechend sind dort allerdings auch die Lebenserhaltungskosten deutlich höher, was das höhere Gehalt in gewisser Hinsicht rechtfertigt. Doch wie fallen diese Werte im Vergleich zu Deutschland aus?
So sieht der Durchschnittslohn in Deutschland aus
Wer sich in Deutschland in einer Vollzeitstelle wiederfindet, erhält im Durchschnitt ein Gehalt von 3.994 €. Hierbei sind die vielen in Teilzeit arbeitenden Menschen jedoch noch nicht eingerechnet, die den Durchschnitt um etwa 1.000 € senken. In Deutschland gibt es an dieser Stelle ähnliche Verteilungen wie auch in der Schweiz, wodurch jede Branche unterschiedliche Gehälter auszahlt. Zu den Profiteuren gehören im deutschen System vor allem Angestellte in der Medizin oder in der Rechtsbranche, die weit über den Durchschnittslohn vergütet werden.
Schwächer fällt die Bezahlung in systemrelevanten Bereichen aus. Busfahrer, Pfleger, Krankenschwestern, Supermarktangestellte, Bauarbeiter und viele andere Berufsgruppen verdienen deutlich weniger. Ein Bruttogehalt von 2.000 € ist an dieser Stelle keine Seltenheit und befindet sich nicht einmal unter der Armutsgrenze. Dennoch zeigt der Trend auch in Deutschland, dass es anhand der Lebenserhaltungskosten durchaus zu Veränderungen kommen muss, um auch in den unteren Besoldungsgruppen den Anforderungen der stetigen Preiserhöhungen gerecht zu werden.
So lassen sich Schweiz und Deutschland vergleichen
Vergleicht man das Durchschnittseinkommen von Deutschland und Schweiz zeigt sich in etwa, dass der Umrechnungsfaktor 1,8 das genauste Ergebnis bringt. Dies bedeutet, dass ein Bruttogehalt in Deutschland von 50.000 € im Jahr etwa der Summe von CHF 90'000 in der Schweiz entspricht. Um jedoch einen genaueren Vergleich durchzuführen, ist ein Blick auf die aktiven Lebenskosten in beiden Regionen sehr wichtig. Auch hierbei macht es einen grossen Unterschied, ob wir vom klassischen Leben in der Grossstadt ausgehen oder ob es sich um eine kleinstädtische Region oder Dorf handelt.
Grundsätzlich heisst es, die Lebenserhaltungskosten in der Schweiz sind rund 30 % höher als in Deutschland. Dies würde eine deutlich höhere Bruttozahlung durchaus rechtfertigen. Besonders in Regionen wie Zürich oder Genf zeigen sich die hohen Alltagskosten, die sich nicht nur an der klassischen Miete bemerkbar machen. Umso grösser die Stadt entsprechend ist, desto grösser fallen auch die individuellen Kosten zur Wahrung des eigenen Lebensstandards aus.
Kosten für individuelle Vorsorge und Miete
Einer der grössten Kostenpunkte in der Schweiz ist die Miete. Für eine geräumige Wohnung mit drei Zimmern in der Stadt können gut und gerne mal CHF 2'000 berechnet werden, die das monatliche Budget bereits deutlich schrumpfen lassen. Gehen wir an dieser Stelle von einem monatlichen Medianlohn von CHF 6'500 aus, verbleiben nach Abzug der Miete bereits nur noch CHF 4'500.
Hierbei sind die Kosten für Steuern und Versicherungen jedoch noch nicht abgezogen. Anhand des Beispielwertes für das Einkommen wären in der Schweiz für Alleinstehende rund CHF 850 an Einkommenssteuern zu bezahlen. Diese werden allerdings nicht wie in Deutschland automatisch abgezogen, sondern müssen vom Gehaltsempfänger selbstständig überwiesen werden.
Ein weiterer Kostenfaktor ist in dieser Hinsicht die Versicherung. Diese wird wiederum automatisch abgebucht, was sich auf die Arbeitslosenversicherung sowie auf die nicht-berufliche Unfallversicherung bezieht. Dies liegt meist bei rund 550 Franken, wodurch die Person aus unserem Beispiel nach Abzug von Steuern und Einzelkosten nur noch rund CHF 3'100 auf dem Konto hat.
Die Krankenkasse als wichtiger Kostenpunkt
Ein weiterer wichtiger Punkt im Bereich der Fixkosten ist die Krankenkasse. Für alleinstehende Personen beträgt die Prämie im Schnitt 330 Franken pro Monat, um die eigene Gesundheit zu gewährleisten. Besonders in grösseren Familien mit nur einem Hauptverdiener wird dies schnell zum Problem, da es keine Rabatte für mehrere Personen gibt. So muss jeder Erwachsene einen Betrag von 330 Franken bezahlen, was sich zu einer recht hohen Belastung entwickeln kann.
Leben dann noch zusätzliche Kinder im Haushalt, sind zusätzlich mindestens 100 zusätzliche Franken pro Kind zu bezahlen, wobei die klassischen Zusatzversicherungen noch gar nicht enthalten sind. Sollte beispielsweise eine Zahnzusatzversicherung in Frage kommen, muss diese ebenfalls zusätzlich bezahlt werden. Dies treibt die Gesamtkosten für Krankenkasse und medizinische Versorgung deutlich in die Höhe, wodurch viele Familien die Grenze von CHF 1'000 am Ende des Monats übersteigen.
Variable Spesen in der Schweiz
Bei einer alleinstehenden Person verbleiben somit noch CHF 2'770. Doch freizeitliche Kosten und die anstehenden Zahlungen für Mobilität und Komfort sind hierbei noch nicht eingerechnet. Auch wenn das Lohnniveau verhältnismässig hoch ausfällt, müssen die Schweizer im Durchschnitt mit Mobilitätskosten in Höhe von 460 Franken leben. Dies bezieht sich auf die Benzinkosten, auf die erforderliche Amortisation sowie auf Reparaturen. Da es sich hierbei um einen Durchschnittswert für alle Bürger handelt, auch für diejenigen ohne Fahrzeug, ist bei Besitz eines Fahrzeugs mit deutlich höheren Kosten zu rechnen.
Ein besonders heikler Punkt in der Schweiz sind zudem Lebensmittel. Diese liegen preislich deutlich über den Angeboten in Deutschland, was die Lebenskosten deutlich ansteigen lässt. Fleisch ist an dieser Stelle ein gutes Beispiel, da es in der Schweiz mehr als 150 % teurer ist als im benachbarten Deutschland. Auch Kleidung und Schuhe sind in den Schweizer Geschäften deutlich teurer, was für verhältnismässig höhere Kosten sorgt. Mit durchschnittlichen Kosten in Höhe von CHF 450 pro Monat für Lebensmittel und Getränke bleiben anschliessend noch CHF 1'860.
Was ist im täglichen Leben in der Schweiz teurer?
Anhand der zahlreichen Beispiele wird deutlich, dass der durchschnittliche Schweizer viele regelmässig anstehende Kosten zu bezahlen hat. Zwar liegen sowohl Bruttolohn als auch Nettolohn deutlich höher als in der Schweiz, Sozialabgaben und die hohen Beträge für die Krankenkasse machen sich finanziell jedoch sehr deutlich bemerkbar. Dies gilt auch für weitere Bereiche wie Lebensmittel, Kleidung, Wohnraum und vieles mehr, weshalb viele Menschen mit einem geringeren Lohn als die Beispielperson durchaus armutsgefährdet sein können.
Auch wenn in der Beispielrechnung noch einiges übrig ist, bezog sich das Beispiel auf eine alleinstehende Person. Sobald für eine Familie gesorgt werden muss, sind die Beiträge für die Krankenkasse sowie für Lebensmittel, Miete oder Mobilität noch höher. So wird der durchschnittliche Bruttolohn durchaus schnell knapp, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt. Doch wie sieht die Versorgungslage in Deutschland aus und wie hoch sind dort die durchschnittlichen Kosten für ein sorgenfreies Leben?
Steuern, Versicherung und Leben in Deutschland
Wer in Deutschland 4.000 € Bruttolohn erhält, muss derzeit rund 20 % Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag bezahlen. Wenn es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt, können zusätzliche Gewerbesteuern in Höhe von bis zu 15 % anstehen. Im vorhandenen Beispiel gehen wir jedoch von einer klassischen Anstellung in einem Unternehmen aus. So bleiben etwa 3.200 € Nettolohn, von dem alle weiteren Kosten gedeckt werden müssen.
Sozialabgaben werden üblicherweise direkt vom Bruttolohn abgezogen. Die Rentenversicherung beträgt am vorhandenen Beispiel 372 €, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung 119 € und Krankenversicherung 310 €. So schrumpft der Lohn auf etwa 2.400 €, von dem die weiteren Kosten des Alltags gedeckt werden müssen.
Der durchschnittliche Deutsche gibt an dieser Stelle 850 € für das Wohnen aus. Hierbei kommt es jedoch zu deutlichen regionalen Unterschieden, wodurch in München 1.500 € für eine Wohnung keine Seltenheit sind. Berlin ist dank korrektiver Massnahmen wie der Mietpreisbremse jedoch recht moderat, wodurch sich auch für 600 € eine geeignete Wohnung finden lässt. Dörfliche Regionen sind an dieser Stelle am günstigsten, bieten allerdings auch nur wenig Komfort.
Wofür geben die Deutschen ihr Geld aus?
Von den verbleibenden 1.550 € sind im Durchschnitt 350 € für den Kauf von Lebensmitteln zu berechnen. Zwar lässt sich durch die Wahl günstiger Angebote durchaus sparen, wer jedoch mehr Wert auf Qualität und Herkunft setzt, wird diesen Wert jedoch nur schwer unterbieten können. Weitere 350 € entstehen für Verkehr und Mobilität, 250 € lassen sich die Deutschen ihre freizeitlichen und kulturellen Aktivitäten kosten.
Von den übrigen 600 € gehen bis zu 200 € ins Urlaubsbudget über, 150 € werden für neue Möbel und Einrichtungsgegenstände bezahlt. Telekommunikation, Bildung und Gesundheit führen zu weiteren 150 €, wodurch noch rund 100 € für neue Kleidung bleibt. Wer in Deutschland den Durchschnittslohn bezieht, stösst finanziell daher schnell an seine Grenzen. Da die Gehälter auch in Deutschland in grossen Städten deutlich besser ausfallen, sind diese für viele Familien ein beliebtes Ziel. Dennoch ist auch hierbei mit erhöhten Konsumausgaben zu rechnen, die wiederum gedeckt werden müssen.
Moderates Preisniveau im Vergleich zur EU
Dennoch zeigt sich am Beispiel von Deutschland ein sehr konstantes und gleichzeitig moderates Preisniveau. Die Alltagskosten liegen nur rund 5 % höher als im europäischen Vergleich, wodurch Deutschland im Vergleich zur Kaufkraft sehr gut abschneidet. In der Schweiz liegt das Preisniveau hingegen bei 59 % über dem europäischen Durchschnittsniveau, wodurch auch die Lebenskosten für die Einwohner vor Ort deutlich höher sind.
So wird deutlich, dass die Lebenskosten in der Schweiz besonders im Bereich der Miete und Versicherung deutlich höher sind. Bei Sozialabgaben gibt es wiederum keine besonderen Unterschiede, wodurch in Deutschland vergleichbar hohe Summen für Steuern und Versorgung gezahlt werden müssen. Zwar ist dies auch in der Schweiz nicht anders, durch das höhere Lohnniveau macht sich dies jedoch nicht so stark bemerkbar. Genau andersherum ist es dann wiederum beim Kauf von Lebensmitteln oder Kleidung. Hier ist Deutschland deutlich preiswerter, was die Gesamtkosten für den Konsum deutlich geringer erscheinen lässt.
Ähnliche Verhältnisse in Deutschland und Schweiz
Auf Grundlage der Unterschiede des Lohns am Faktor 1,8 zeigt sich jedoch, dass Deutschland und die Schweiz gar nicht so unterschiedlich aufgestellt sind. In beiden Staaten liegt der Durchschnittslohn deutlich über dem Vergleichswert, was sich jedoch auch an den Lebenskosten bemerkbar macht. Auch die Unterscheidung zwischen Bruttolohn und Nettolohn spielt in beiden Staaten eine wichtige Rolle, wodurch der soziale Standard und die Gesundheit gewährleistet werden.
Die höhen Gehälter in einzelnen Branchen der Schweiz sind auf dieser Grundlage nicht zwingend utopisch. Auch wenn beide Staaten in der Bezahlung einen unterschiedlichen Fokus legen, gibt es sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz gutbezahlte Berufe und die Branchen, in denen die Bezahlung nicht so gut ausfällt. So lassen sich die Unterschiede der Durchschnittslöhne durchaus miteinander vergleichen, auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick grundverschieden wirken.