Unsichtbare Frauen
Heike-Andrea Ruppert begeistert schweizweit mit spannenden Keynotes. Sie ist eine von wenigen weiblichen IT-Führungskräften der Schweiz. Gehörte sie 2003 noch zu den ersten Studenten der Informatik, zählt sie heute zu den Spezialistinnen für digitale Transformation, HR-Tech und HR Touch. Ihr Netzwerk auf LinkedIn umfasst über 13'000 Kontakte, die Mehrheit davon Frauen im HR. Ein Zufall? Nein! Heike-Andrea Ruppert sorgt dafür, dass Frauen weltweit sichtbarer werden.
Frau Ruppert, Sie sind eine von wenigen Frauen, die in der IT eine Führungsposition bekleiden. Wie haben Sie das geschafft?
Heike-Andrea Ruppert: Ich wollte nach meinem Abitur lernen, wie man coole Technologien macht. Also entschied ich mich 1999 für die Ausbildung als Informatik-Kauffrau und 2003 für das Studium Informatik. Ich programmierte mit C++ und war einer der ersten Schulklassen der IT. Es gab noch keine relevanten Lehrmittel und auch die Fachlehrer waren herausgefordert. Während meines erstens Semesters an der VWA Nürnberg interessierte ich mich bereits für das Vereinfachen von Prozessen. Das war auch ein Grund dafür, dass ich damals schon zu den Menschen gehörte, die ein Handy besassen, das so schwer und gross wie ein Aktenkoffer war. Während des Studiums war ich mit einigen Herausforderungen konfrontiert, weil es sich um einen der ersten IT-Kurse an der VWA handelte und es teils an relevanten Lehrmitteln und erfahrenen Dozenten mangelte. Das trübte mein Interesse keinesfalls, sondern weckte stattdessen meinen Ehrgeiz.
Mein Interesse an KI stieg stetig. Insbesondere durch Gespräche mit einem Google-Mitarbeitenden, der mir viele «State-of-the-art»-Produkte präsentierte. Ich war begeistert von der Idee, Informationen zu erhalten, ohne mich aktiv um sie zu bemühen. Ich suchte Antworten auf Fragen «Weshalb erkennt mich die automatische Gesichtserkennung meines Smartphones an Tagen, an denen ich geschminkt war, und warum kann ich mich an Wochenenden, an denen ich meist kein Make-up trage, nicht anmelden?». «Wie konnte es passieren, dass der Bewerbungsroboter von Amazon Frauen diskriminiert?» Und «Warum werden Spracherkennungssysteme mit 70 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit von männlichen Stimmen richtig verarbeitet und Millionen von Autos hören nicht richtig auf ihre Besitzerinnen.».
Sie leben und arbeiten seit 2013 in der Schweiz. Zwischen überdimensionalem Handy und der Technologie, mit der Sie heute arbeiten, liegen Welten. Worum geht es in Ihrem jetzigen Tätigkeitsgebiet?
Die rasante Technologisierung macht auch vor dem Personalbereich nicht halt. Die erfolgreiche Reise in die Zukunft von HR führt über einen schmalen Grat zwischen HR Tech und HR Touch. Es gilt die Potenziale intelligenter Technologien zu erkennen, diese in Form von HR Tech zu nutzen, ohne den Blick für die menschlichen Aspekte moderner Arbeit aus den Augen zu verlieren. Ich bin als Mitglied der Geschäftsleitung und Artificial Intelligence und HR-Tech-Expertin bei der softfactors AG in Zürich tätig – einem innovativen und international agierenden Unternehmen. Gemeinsam mit meinem Team aus Psychologen und Software Engineers haben wir eine Software entwickelt, die seit 2015 mehrheitlich von KMU’s genutzt wird, um die geeignetsten Mitarbeitenden für ihr Unternehmen zu finden und Fehlbesetzungen auf ein Minimum zu reduzieren. softfactors bringt die Personalgewinnung unserer Kundeninnen in die digitale Zukunft – schnell, einfach, modern und sicher. Unsere «softfactors Recruiting Suite» ist eine cloudbasierte Bewerbungslösung, welche die Soft Skills der Kandidatinnen in den Mittelpunkt stellt. Diese weichen Faktoren im Bewerbungsprozess zu analysieren, ist enorm wichtig. Wusstest du, dass über 89 Prozent aller Mitarbeiterinnen ihren Job aufgrund weicher Faktoren wechseln? Nicht nur fachliche, sondern auch Soft Skills wie mangelnde Kommunikation oder Teamfähigkeit sind Gründe für einen Stellenwechsel. Wir bei softfactors «sehen, was andere übersehen». Das ist auch unser Claim. Zu unseren Kunden zählen Executive Search, Headhunter und Personalberater, die sich heutzutage nicht mehr vorstellen können, die geeignetsten Mitarbeiterinnen ohne die softfactors Recruiting Suite zu finden.
Sie begeistern schweizweit mit spannenden Keynotes und zählen zu einer Reihe erfahrener Speaker, die ihr Expertenwissen weitergeben. Warum fördern Sie Frauen?
Als ich 2003 aus der Elternzeit zurückkehren wollte suchte ich nach einer Kindestagesstätte für meine Tochter. Ich telefonierte mit mehreren Einrichtungen und nicht selten musste ich mir negative Kommentare anhören. Ist es nicht schwer genug, als Mutter wieder einen Job mit Entwicklungsmöglichkeiten zu finden? Warum erlauben sich fremde Menschen ein Urteil über uns zu bilden, die deine Beweggründe nicht kennen? Tatsächlich ergeht es jeden Tag dutzenden von Frauen wie mir, denn Kind und Karriere schliessen sich in vielen Unternehmen noch immer aus. Natürlich gibt es Frauen, die glücklich sind über viele Jahre mit ihren Kindern zu Hause zu bleiben. Andere Frauen landen in der Teilzeitfalle und gehen Arbeiten nach die sie nicht erfüllen. Ich liebe meine Tochter über alles und mir war von Beginn an klar, dass ich mehr sein wollte als «nur Mama». So wollte ich nicht nur unabhängig bleiben, sondern weiter Karriere machen. Mein Ziel ist aufzuklären und sowohl Frauen als auch Männer zum Umdenken zu bewegen.
Welche Tipps können Sie geben, damit Frauen sichtbarer werden?
Beginne mit kleinen Schritten, entwickle Dich langsam weiter. Jeder Schritt den Du gehst, wird Dein Leben verändern und Dich in Deiner «neuen» Rolle wohlfühlen lassen.
- Wir Frauen neigen dazu, das Gefühl zu haben, nichts wirklich gut zu können. Die Wahrheit ist, wir haben Wissen und besondere Fähigkeiten. Es gilt herauszufinden, wofür Du brennst. Beobachte Dich mal, über welche Themen Du gerne sprichst weil Du fasziniert von ihnen bist. Vielleicht wirst Du zu einem Thema besonders oft um Rat gefragt – hier liegen Deine Stärken. Wenn Du mit Herzblut bei der Sache bist, bist du dem Ziel schon ein ganzes Stück näher.
- Recherchiere, welche Angebote es in diesem Bereich gibt und was Du bieten kannst um diesen Markt für Dich zu ergreifen. Fachexpertin zu sein heisst nicht, dass Du alles über diesen Bereich wissen musst.
- Nicht selten höre ich, dass Frauen die Zeit fehlt um ihre Ideen umzusetzen. Ist es die Angst Deine Komfortzone zu verlassen oder der Wunsch perfekt zu sein, der sich dahinter verbirgt? In beiden Fällen gibt es nur eine Antwort: Tun. Geh raus, verliere Dich nicht im Perfektionismus. Übe Dich mit verschiedenen sozialen Medien wie TikTok, Instagram. Du brauchst im Vorfeld noch keine Homepage. Nutze den einfachsten Weg z.B. mit LinkedIn, es ist kostenlos und erreicht schnell viele Menschen.
- Sei Dir bewusst, dass Du nicht allen Menschen gefallen musst. Bleib authentisch. Du bist gut so wie Du bist. Menschen wollen Menschen sehen und mit echten, sympathischen Menschen zusammenarbeiten.
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