Macht Geld Glücklich? Ja, tut es!
Wie viel Geld brauchen wir, um glücklich zu sein? Warum selbst Glücksforscher keine eindeutige Antwort auf diese Frage haben. Und wann es sich lohnt, um ein höheres Gehalt zu kämpfen.
Geld macht nicht glücklich? Von wegen. Eine gross angelegte Umfrage des Bundesamtes für Statistik zeigte im Jahr 2016: Am glücklichsten im Lande fühlen sich Deutschschweizer, die zu den Gutverdienern zählen und ein eigenes Haus in einem dünn besiedelten Gebiet bewohnen. Während unter dem ärmsten Viertel der Befragten nur 62 Prozent der Menschen angaben, sehr zufrieden mit ihrem Leben zu sein, lag der Anteil der sehr zufriedenen Menschen unter denjenigen mit den höchsten Einkommen bei rund 82 Prozent.
Unterm Strich kann man also sagen: Geld hilft erheblich beim Glücklichsein. Aber wie viel Geld genau braucht es zum Glück? Wann macht eine Gehaltserhöhung (noch) glücklicher – wann bin ich reich und glücklich genug? Glücksforscher setzen allerlei statistische Methoden ein, um solche Fragen zu beantworten. Sie unterscheiden dabei drei Arten von Glück: Den kurzfristigen, rasch vergehenden Affekt. Ein insgesamt erfülltes, gutes Leben. Und irgendwo dazwischen: die subjektive Lebenszufriedenheit im Alltag, im Hier und Jetzt. Der spüren Glücksforscher mit der Frage nach: „Alles in allem, wie zufrieden sind Sie mit dem Leben, das Sie führen?"
Der Durchschnittsschweizer müsste auf diese Frage, statistisch gesehen, antworten: 7,487. Will heissen: Auf einer Skala von eins bis zehn ziemlich weit oben. So rechnen es jedenfalls die Forscher des World Happiness Report der Uno vor, bis auf die dritte Kommastelle. Aus einer globalen Perspektive sind die Schweizer damit das fünftglücklichste Volk auf Erden. Auch eine globale Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup legt den Schluss nahe, dass in der Schweiz sehr viele Menschen sehr zufrieden mit ihrem Leben sein sollten. Bei einem Durchschnittseinkommen von 60000 bis 75000 US-Dollar pro Jahr liegt ein kritischer Schwellenwert für das persönliche Glück.
Bis zu dieser Grenze gilt der Zusammenhang: Mehr Geld macht glücklicher. Überschreitet das Einkommen diesen Wert, sorgen Gehaltssteigerungen nicht mehr zwangsläufig für einen wesentlichen Zuwachs an Zufriedenheit. Die Grundbedürfnisse sind gedeckt, man lebt bereits recht komfortabel – mehr Geld, so die Forscher, sorge ab dieser Schwelle eher für mehr Stress, und damit für ein abnehmendes Glücksgefühl.
Das Schweizer Durchschnittseinkommen von 78000 Franken liegt nun bereits mitten in diesem Grenzbereich, ab dem es sich den Glücks-Experten zufolge kaum noch lohnt, nach einem höheren Gehalt zu streben. Wer sich nun fragt, warum er trotzdem in der Tram, im Büro, daheim und auf der Strasse nicht von dauer-fröhlichen Gesichtern umgeben ist, der ist damit auf ein Dilemma der Glücksforschung gestossen: Die entscheidende Frage ist nicht, wie viel Geld wir in absoluten Zahlen verdienen. Sondern mit wem wir uns vergleichen.
Die absolute Höhe des Gehalts ist weniger entscheidend als die relative Höhe: Wer 78000 Franken im Jahr verdient, sich umschaut und feststellt: Meine Nachbarn und Kollegen verdienen allesamt noch mehr als ich, der wird damit nicht glücklich sein. Genauso wird es Menschen ergehen, die im Lohnrechner bei Lohncheck.ch das eigene Gehalt mit dem von Angestellten in der gleichen Region mit ähnlichen Qualifikationen und Aufgaben und in ähnlicher Position vergleichen und dabei erkennen, dass das eigene Gehalt weit unterdurchschnittlich ausfällt. So jemand wird versuchen, seine Situation zu ändern. Wer allerdings 78000 Franken verdient und damit Spitzenverdiener im Freundes- und Kollegenkreis ist, wird sich hingegen denken: Ich habe Glück, mir geht´s gut. Man kann also sagen: Es macht glücklich, wenn man sich im Vergleich zu anderen fair behandelt fühlt – und ein angemessenes Gehalt erhält, das dem Wert der eigenen Arbeit entspricht.
Wann aber fühlt sich ein Gehalt gerecht und „hoch genug" an? Der US-Unternehmer Dan Price nahm die Ratschläge der Glücksforscher ernst und wagte ein Experiment: Bei seinem eigenen Unternehmen Gravity setzte er vor drei Jahren das Mindestgehalt aller Mitarbeiter auf 70.000 Dollar, also auf den Schwellenwert, der den Forschern zufolge zum Glücklichsein ausreicht. Er kürzte zu diesem Zweck sein eigenes Geschäftsführer-Gehalt auf einen ähnlichen Betrag. Was ist dabei herausgekommen? Geschadet hat es dem Unternehmen bislang jedenfalls nicht: Die meisten Mitarbeiter begrüssten die Entscheidung ihres Chefs, die auch zu mehr Transparenz bei der Gehaltsstruktur im Unternehmen und zu mehr Zufriedenheit bei den Mitarbeitern geführt hat. Zwei Mitarbeiter allerdings, die bereits vor der Einführung des „Mindestlohns" im Unternehmen rund 70.000 Dollar verdient hatten, kündigten. Sie hatten es als demotivierend oder unfair empfunden, dass nun Belohnungen auf dem Silbertablett ausgehändigt wurden, erklärte Price.
Mit wie viel Geld Menschen glücklich sind, scheint also eine höchst individuelle Sache zu sein. Viele Glücksforscher gehen davon aus, dass nicht zuletzt auch genetische Faktoren eine Rolle dabei spielen, wie glücklich wir uns fühlen Pragmatisch denkende Psychologen raten derweil dazu, im Alltag möglichst häufig Situationen zu suchen, die uns ganz persönlich ein Glücksgefühl verschaffen. Die Webseite www.meldestellefuergluecksmomente-tg.ch zeigt, wie unterschiedlich die Dinge sein können, die Menschen glücklich machen. Für den einen ist es vielleicht die entspannte Yoga-Stunde. Für den anderen der Sieg beim Badminton-Spiel. Ein Abend mit der Familie. Oder eben auch ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt, der Kontoauszug mit dem Jahresendbonus, ein Lob von Kollegen – und die erfolgreiche Gehaltsverhandlung mit dem Chef.